Das Autismus-Spektrum zeigt sich durch Besonderheiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation, in der Wahrnehmung, sowie in stereotypen Verhaltensweisen. Immer wieder kommen weitere Einschränkungen dazu, durch die Komplexität wird es immer schwieriger, einen guten Weg umzusetzen.
Dass Autismus sich so deutlich auf alle Lebensbereiche auswirken kann, wird gerne verkannt, ebenso wie das emotionale Alter kaum eine Rolle spielt. Die Entwicklung hängt zumindest in Teilbereichen Jahre hinterher. Das wird spätestens mit der Pubertät deutlich.
Viele Menschen glauben : Wir müssen nur möglichst viele Wiederholungen anstreben, dann wird das Kind es lernen.
Das gelingt nicht immer, da zahlreiche Einschränkungen im Laufe der Zeit deutlich zunehmen.
Uns ist es sehr wichtig, mehr Verständnis für Menschen mit Autismus zu bekommen. Wir geben alles, um Ihnen darzulegen, wie Autismus ist, warum etwas funktioniert und wie wir
helfen können.
Ein kleines Beispiel:
Da gibt es Kinder, die sehr gut im Fach Englisch sind. So gut, dass Sie praktisch in 3 Klassen weiter gehen könnten. Gleichzeitig ist dieses Kind in Mathe so schwach, dass es unmöglich zielgleich beschult werden kann. In Musik und Deutsch hat das Kind so viele schwierige Situationen erlebt, dass es in diesen Fächern so sehr blockiert ist, dass es erstarrt und schlicht nichts mehr tun kann.
Wenn man die übrigen Fächer nimmt, die irgendwie gehen, wird deutlich, dass dieses Kind ein wirklich großes Problem hat und die Schule auch.
Die Schule muss beurteilen, benoten. Macht sie das wie bei allen anderen Kindern, dann nennt man es „zielgleich“. Braucht das Kind hier Nachteilsausgleiche, nennt man es „nicht zielgleich“. Ist das Problem ein einzelnes Nebenfach, kann man die Note aussetzen.
Sind es aber mehrere Fächer, die betroffen sind, geht das nicht mehr. Sind Hauptfächer betroffen, ist es noch komplizierter. Spätestens dann braucht das Kind einen Förderschwerpunkt.
Dazu kommt meistens, dass die Kinder nur bedingt Kapazität haben.
Die Sinne werden durch Aufstehen, Frühstück, Anziehen und Waschen strapaziert. In die Schule gehen, dort 6 Stunden die Überlastung aller Sinne auszuhalten, ist enorm schwierig. Aber das Kind möchte ja auch noch etwas lernen, dazu muss es seinen IQ abrufen können. Durch die Überlastung gelingt das immer weniger, dazu kommt die Anstrengung, handschriftlich zu arbeiten usw.
Das heißt:
Das Kind muss sich extrem anstrengen und für einen sehr guten Ausgleich sorgen den ganzen Tag über. Aber das ist schwierig, am Vormittag gibt es nur wenige Möglichkeiten, am Nachmittag müssen Hausaufgaben gemacht werden, es kann Unterricht geben, es gibt Therapie Termine etc. Das heißt, hier gibt es ein Kind das sehr viel Ruhe, Zeit benötigt für seinen Ausgleich den es nicht hat, der Tag ist zu kurz
Das nicht mehr können hört sich harmlos an, ist aber äußerst wichtig zu beachten.
Es entsteht so eine Spirale nach unten, gleichzeitig versucht das Kind auf Teufel komm raus in der Schulen nicht aufzufallen, es möchte unbedingt alles schaffen. Es legt sich selbst auf, ja keine Schwäche zu zeigen. Jetzt ist das immer noch nicht alles, dieses Kind hat behinderungsbedingt Probleme, seine Eigenwahrnehmung, Fremd-Wahrnehmung zu spüren, zu erkennen und zu äußern. Dadurch läuft es darauf hinaus, dass es permanent über die Belastungsgrenze geht.
Immer wieder gibt es Aussagen wie:
„Ich frage mich immer, ob er/sie Ruhe braucht oder raus möchte. Dann bekomme ich ein Kopfschütteln, oder nein. Also gehe ich davon aus, alles ist gut.
Das ist leider falsch, denn selbst zu beurteilen klappt nicht. ( Es ist ein jahrelanger Prozess zu erlernen was ich fühle, mich erschöpft. Noch deutlich länger dauert es, bis die Person ihren Zustand, die Gefühle und Belastung objektiv äußern kann, wenn es überhaupt möglich ist. Möglich wird es, wenn eine vertrauensvolle Beziehung besteht, in der die Person ernst genommen wird.
Dazu kommt die innere Haltung, „ich muss“ das tun.
Sie sehen, es ist ein Dilemma.
Wir müssen also dauerhaft abspecken, für Auszeiten sorgen. Auch dann, wenn das Kind gute Noten schreibt. Wir sind es, die hilfreich zur Seite stehen müssen.
Meistens gibt es eine Fülle an weiteren Dingen, die es dem Kind noch schwerer machen. Es ist also kein Wunder, wenn das langfristig nicht gelingt!
Durch einen frühzeitigen Förderschwerpunkt, Nachteilsausgleiche wie arbeiten am Laptop oder IPad statt handschriftlich, eine gute Schulbegleitung, einen Raum um durchzuatmen, regelmäßige Auszeiten kann dem vorgebeugt werden. Wir brauchen also dringend Prävention statt wie bisher erst ein einschreiten, wenn etwas nicht klappt! Wir alle wissen es dauert
Warten wir darauf, kann passieren, dass es nicht abgefangen werden kann.
Dann nehmen wir dem Kind jede Chance auf Vielfalt und auf gute Bildung.
Grundvoraussetzung für einen Antrag auf einen Förderschwerpunkt :
1.
Eine Autismus-Spektrum-Diagnose als tief greifende Entwicklungsstörung liegt vor, wenn die Beziehungs- und Kommunikationsfähigkeit schwer beeinträchtigt und das Repertoire von Verhaltensmustern, Aktivitäten und Interessen deutlich eingeschränkt und verändert ist.
2.
Ein Antrag auf Feststellung des Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung setzt voraus, dass eine Autismus-Spektrum-Diagnose vorher in einem Gutachten der unteren Gesundheitsbehörde medizinisch festgestellt worden ist.
3.
Wird ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung festgestellt, ordnet die Schulaufsichtsbehörde die Schülerin oder den Schüler mit Autismus-Spektrum-Diagnosen einem Förderschwerpunkt zu.
Der Unterricht führt zu den Abschlüssen:
• der allgemeinen Schulen oder
• im zieldifferenten Bildungsgang Lernen und
• im zieldifferenten Bildungsgang Geistige Entwicklung.
Wir haben 8 Förderschwerpunkte. Hinzu kommt manchmal ein neunter Förderschwerpunkt für die Schüler*innen, die nicht in andere Schwerpunkte passen, so auch Autismus. Dieser wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich benannt, oder es gibt ihn nicht.
Der IQ in den unterschiedlichen Förderschwerpunkten stellt nur einen Teilbereich der Diagnostik dar, es geht immer auch um vielfältige weitere Einschränkungen und Auswirkungen im Alltag. Wie z.B.
: Kann das Kind Lesen, Schreiben, wie verhält sich das Kind, wie viel Aufmerksamkeit benötigt das Kind, Aggressionen, Verhalten usw.
1. Förderschwerpunkt: Lernen
Fast die Hälfte aller Kinder mit Förderschwerpunkt bekommt L
Lese-Rechtschreib-Schwäche, Rechenschwäche, Entwicklungsstörungen bei schulischen Fertigkeiten, Autismus usw.
Der Anteil inklusiv unterrichteter Schüler*innen im Förderschwerpunkt Lernen liegt bei etwa 20%
Sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen ist bei Schülerinnen und Schülern gegeben, deren Lernentwicklung so stark beeinträchtigt ist, dass sie bei Ausschöpfung der pädagogischen Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können.
Die Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen hat die Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler zu fördern, die auf Grund einer erheblichen und lang andauernden Beeinträchtigung im schulischen Lernen, in der Leistung und im Lernverhalten sonderpädagogischer Förderung bedürfen
.
2. Förderschwerpunkt: Geistige Entwicklung
Ca. 5% aller G Kinder wird Inklusiv beschult.
Förderbedarf G stellt Schüler*innen mit einer geistigen Behinderung in unterschiedlicher Ausprägung dar. Kinder mit Autismus sind vertreten.
In diesem Förderschwerpunkt lernen Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen im kognitiven Bereich, verbunden mit sozialkommunikativen und emotionalen Besonderheiten. Die sonderpädagogische Förderung eröffnet Schülerinnen und Schülern unabhängig von Art und Umfang des individuellen Unterstützungsbedarfs konkrete entwicklungsfördernde Lernangebote. Ziel ist es, Kompetenzen für die praktische Lebensbewältigung zu entwickeln und zu erweitern und die Schülerinnen und Schüler zu einer möglichst selbstständigen, selbstbestimmten sowie eigenverantwortlichen Lebensgestaltung in sozialer Integration zu befähigen. Wesentliche Aufgabe ist unter Berücksichtigung der individuellen Möglichkeiten die Vorbereitung eines geregelten Übergangs in Ausbildung und Arbeit.
3. Förderschwerpunkt: Emotionale und soziale Entwicklung
Ca. 40% der Kinder werden inklusiv beschult Kinder mit Autismus haben einen hohen Anteil.
Sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung ist bei Schülerinnen und Schülern gegeben, die aufgrund von Beeinträchtigungen ihrer emotionalen und sozialen Entwicklung, des Erlebens und der Selbststeuerung so stark beeinträchtigt sind, dass sie bei Ausschöpfung der pädagogischen Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können.
In diesem Förderschwerpunkt lernen Kinder und Jugendliche, deren emotionale und soziale Entwicklung durch unterschiedliche, häufig komplexe Ursachen beeinträchtigt ist. Gezielte sonderpädagogische Förderung erfolgt insbesondere in den Bereichen Emotionen und Sozialverhalten, Handlungssteuerung und Belastbarkeit, Aufmerksamkeit und Konzentration, Motivation sowie Lern- und Arbeitsverhalten. Dadurch erweitern die Schülerinnen und Schüler ihre emotionalen und sozialen Kompetenzen, lernen ihr Verhalten zu steuern und Konflikte angemessen zu lösen. Die besondere persönliche Zuwendung und eine klare Strukturierung des Unterrichts und des Schultages stärken die Beziehungsfähigkeit und das Selbstwertgefühl der Schülerinnen und Schüler
4. Förderschwerpunkt: Sprache
Etwa 30% aller Kinder mit dem Förderschwerpunkt S werden Inklusiv beschult auch hier gibt es Kinder mit Autismus
5. Förderschwerpunkt: Körperliche und motorische Entwicklung
Knapp 20% der Kinder mit dem Förderschwerpunkt K werden Inklusiv beschult.
Hier sind Kinder mit Autismus und einer körperlichen Einschränkung
Sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung ist bei Schülerinnen und Schülern gegeben, die in ihrer körperlichen und motorischen Entwicklung so stark beeinträchtigt sind, dass sie bei Ausschöpfung der pädagogischen Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können.
Durch sonderpädagogische Förderung, durch medizinische und therapeutische unterrichtsbegleitende Maßnahmen wird die körperliche Behinderung so weit wie möglich beseitigt, kompensiert oder deren Folgen werden gemindert.
6. Förderschwerpunkt: Übergreifende Zuordnung, oder Autismus, …..( Achtung nicht in jedem Bundesland)
Der Anteil der Kinder liegt bei 5% und es sind sehr viele Kindern mit Autismus. Es sollte in jedem Bundesland einen Autismus Förderschwerpunkt geben.
7. Förderschwerpunkt: Hören
Förderschwerpunkt H, davon werden Inklusiv beschult : 25%
Sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt Hören ist bei Schülerinnen und Schülern gegeben, die aufgrund von Beeinträchtigungen im Hören so stark beeinträchtigt sind, dass sie bei Ausschöpfung der pädagogischen Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können.
In die Schule mit dem Förderschwerpunkt Hören werden Schülerinnen und Schüler aufgenommen, bei denen die Ausbildung der Lautsprache unter Einbeziehung technischer Hilfsmittel vorwiegend auf akustischem Wege möglich ist und deren Sprachentwicklung darauf schließen lässt, dass sie durch den Einsatz von Hörhilfen erfolgreich lernen können.
8 . Geistige Entwicklung
Sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung ist bei Schülerinnen und Schülern gegeben, deren geistige Entwicklung in allen Teilbereichen so stark beeinträchtigt ist, dass sie bei Ausschöpfung der pädagogischen Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können. Für Schülerinnen und Schüler mit schweren Mehrfachbehinderungen beinhalten Erziehung und Unterricht auch Aspekte von Pflege und Therapie.
Die Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung wird in der Regel als Schule mit ganztägigem Unterricht geführt. Die Förderung umfasst alle Entwicklungs- und Persönlichkeitsbereiche.
9. Förderschwerpunkt: Sehen
Im Förderschwerpunkt S werden etwa 30% inklusiv beschult auch hier sind Kinder mit Autismus
Sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt Sehen ist bei Schülerinnen und Schülern gegeben, die aufgrund von Beeinträchtigungen im Sehen so stark beeinträchtigt sind, dass sie bei Ausschöpfung der pädagogischen Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können.
Die Schule mit dem Förderschwerpunkt Sehen hat die Aufgabe, durch sonderpädagogische Maßnahmen das eingeschränkte Sehvermögen der sehgeschädigten Schülerinnen und Schüler zu schulen, Fähigkeiten im Umgang mit Spezialhilfen auszubilden sowie den Tastsinn, das Gehör, die Motorik und das Orientierungsvermögen.
10. Förderschwerpunkt: Kranke
Etwa 1,5% der Kinder im Förderschwerpunkt Kranke werden inklusiv beschult
Im Fall von Autismus ist es meist die Schule für Kranke an der KJP.( gibt es keine Lösung mehr ist die KJP das Mittel der Wahl)
Sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt „Unterricht kranker Schülerinnen und Schüler“ ist gegeben, wenn sie lang andauernd oder wiederkehrend erkranken und dadurch so stark beeinträchtigt sind, dass sie bei Ausschöpfung der pädagogischen Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können.
Unterricht für kranke Schülerinnen und Schüler erhalten Schülerinnen und Schüler,
wenn sie aufgrund einer Erkrankung in einem Krankenhaus ambulant oder stationär behandelt werden und voraussichtlich länger als sechs Wochen am Unterricht der besuchten Schule nicht teilnehmen können oder wenn sie wiederholt oder in regelmäßigen Abständen in einem Krankenhaus beziehungsweise in ähnlichen Einrichtungen ambulant oder stationär behandelt werden.
Hier gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen in den Bundesländern. Der Hausunterricht fällt auch darunter, dieser wird immer durch die letzte Schule versorgt.
Nur wenn wir aufstehen und uns gemeinsam auf den Weg machen, wird Inklusion lebendig und zu dem, was die Menschen brauchen. Unser Einsatz für vielfältige Bildung ist ein Muss, denn Vielfalt braucht Individualität!
Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Diagnose brauchen die besondere Unterstützung durch ihre Lehrkraft
Selbstbestimmt Autistisch 2019 e.V.
LAAMKA Zentrum
Konstanze Klüglich
Dreschhallenweg 4
76351 Linkenheim
Bankverbindung:
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