Die Pflegebedürftigkeit festzustellen, ist eine Herausforderung für alle beteiligten Menschen – Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die von Autismus betroffen sind, müssen einen fremden Menschen ertragen der in ihren Lebensraum eindringt ( für viele ist das ein großes Problem das zu tagelangen Schwierigkeiten führt.
Der Pflege- und Betreuungsaufwand von Autisten ist oft extrem hoch. Viele brauchen den ganzen Tag und die Nachtbetreuung 365 Tage. Sie können am alltäglichen Leben kaum teilnehmen, erkennen ihre eigenen Bedürfnisse nicht und müssen bei den einfachsten Tätigkeiten unterstützt werden.
Viele Außenstehende verstehen den enorm hohen Aufwand nicht. Man kann sich nicht vorstellen, dass es tatsächlich so ist.
Im Regelfall erklärt man etwas vielleicht 2,3 Mal, bis ein Kind verstanden hat, was zu tun ist.
Im Fall von Autismus heißt das, dass die Person keine Handlungsplanung, Durch die Wahrnehmung etc. kommen weitere Schwierigkeiten dazu. Das heißt, hier muss dem Kind nicht nur erklärt werden, wie man Zähne putzt, also Becher mit Wasser füllen, Zahnbürste und Zahnpasta drauf machen, sondern auch, welche Stelle wie lange geputzt werden muss und wie. Es muss lange, lange Zeit wiederholt werden, bis irgendwann ein kleiner Handlungsschritt erfolgen kann. Dazu kommt die Wahrnehmungen der Sinne, die irgendwie anders funktionieren. Das führt dann dazu, dass die Zahnbürste erst gar nicht im Mund landet, man redet und redet, erklärt. Irgendwann hat man Glück und kommt in den Mund. Aber das Bürsten , der Geschmack der Zahnpasta, der Schaum im Mund usw. lassen das Kind in Abwehr verfallen. Es bekommt Panik, keine Luft, Angst. Die Bürste sollte weg, der Schaum und Geschmack auch. Ab diesem Moment wird es schwerer und schwerer.
Als Eltern versucht man alles, probiert jede Zahnpasta, Zahnbürste aus, die man findet. Nichts funktioniert. Was also tun? Mit Gewalt den Mund öffnen? Zu zweit festhalten?
Natürlich erklärt man weiter, versucht es mit allerlei Hilfsmitteln wie einer Zahnputzuhr, irgendwelchen Kinder Ideen die fu funktionieren sollen…. All das dauert…und man ist eine Stunde beschäftigt. Das Kind muss dazu ja erstmal ins Badezimmer. Da geht die Abwehr direkt los, denn das Kind weiss genau wann Zähneputzen ansteht. Am Ende sind alle nass und fix und fertig.
Dann kommt das Anziehen, was leider sehr oft ähnlich abläuft wie das Zähne putzen.
Das ist ein winziges Beispiel, was ein Teil der Pflege von Autismus sein kann.
Faktisch kann alles ein Problem sein bzw zu einem werden.
Es braucht sehr viel Fingerspitzengefühl, Empathie, Geduld und Zeit .
Wer das täglich bei zig Verrichtungen des Alltags erlebt, will nur noch, dass es aufhört.
Eltern, Angehörige brauchen Nerven wie Drahtseile
Unser Team unterstützt Sie in allen Schritten.
Die sechs Module zur Einstufung in einen Pflegegrad sind ausschlaggebend. Das heisst innerhalb dieser Module muss deutlich werden wo das Kind oder der Erwachsene Schwierigkeiten hat.
Mobilität
Kognition — und kommunikative Fähigkeiten
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
Selbstversorgung (nicht Einkaufen und Putzen)
Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (ehemalig Behandlungspflege)
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit sind sehr wichtig. Die gesamten Lebensumstände sollten die Eltern/Pflegeeltern
beschreiben.
Wir wollen hier die wichtigsten Bereiche eines Gutachtens nennen :
4.5.2 Pflegerelevante Vorgeschichte (Anamnese), medizinische und pflegerische Angaben unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Selbstständigkeit.
Die persönliche Einschätzung der Betroffenen zu ihren derzeitigen gesundheitlichen und pflegerischen Problemen, Bedürfnissen und Veränderungswünschen ist zu erfassen was bei Autismus oft nicht funktioniert und durch die Eltern benannt wird.
Es ist nach den pflegerelevanten Erkrankungen und Beschwerden zu fragen.
Auch die Tagesformschwankungen oder besondere Belastungen für die Pflegenden sind aufzunehmen.
Anamnestische Angaben zu kognitiven Fähigkeiten oder herausforderndem Verhalten sind im Hinblick auf die Bewertung der Module 2 und 3 zu erfragen und hier aufzunehmen.
Besonders bei Erkrankungen mit wechselnder Symptomatik erleichtert dieses Vorgehen die nachfolgende gutachterliche Beurteilung der Selbstständigkeit.
Nach der Dokumentation der pflegerelevanten Vorgeschichte folgt die Feststellung der gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten. Auch hier sind bei der Diagnose Autismus-Spektrum-Störung die anamnestischen Angaben der Angehörigen/Pflegepersonen von besonderer Bedeutung und müssen sorgfältig erhoben werden.
4.8.2 Feststellung der gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Nach der strukturierten Anamnese- und Befunderhebung erfolgt die Anwendung der sechs Module des Begutachtungsinstruments. Dabei muss die Gutachterin oder der Gutachter sowohl die eigenen Befunde als auch anamnestische Angaben von Betroffenen, Pflegepersonen, Pflegekräften oder anderen Stellen (z. B. behandelnden Ärzten) bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit berücksichtigen.
Besonders in den Modulen 2 „kognitive und kommunikative Fähigkeiten“ und 3 „Verhaltensweisen und psychische Problemlagen“ ist mit einer Beeinträchtigung der Fähigkeiten zu rechnen (siehe: kognitives Defizit in der Empathie, d. h. Z.b. es fehlt das Verständnis für sozial inakzeptables Verhalten).
Im Modul 2 müssen folgende kognitive Fähigkeiten müssen im Modul 2 geprüft werden:
Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld
Örtliche Orientierung
Zeitliche Orientierung
Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen
Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen
Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben
Verstehen von Sachverhalten und Informationen
Erkennen von Risiken und Gefahren
Mitteilen von elementaren Bedürfnissen
Verstehen von Aufforderungen
Beteiligen an einem Gespräch
Der Gutachter (m/w) muss ermitteln, ob die Fähigkeit bei der Person
vorhanden/ unbeeinträchtigt ist
größtenteils vorhanden ist
in geringem Maße vorhanden ist
nicht vorhanden ist
Die Auswertung erfolgt mit sogenannten Einzelpunkten. Anhand der Anzahl der ermittelten Einzelpunkte, ist aus einem Umrechnungsschlüssel die Anzahl der gewichteten Punkte abzulesen. Die gewichteten Punkte werden aus jedem Modul addiert und ergeben den Pflegegrad.
Im Modul 3 muss ermittelt werden, bei welchen der nachfolgenden Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen eine personelle Unterstützung erforderlich ist.
motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten
nächtliche Unruhe
selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten
Beschädigen von Gegenständen
physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen
verbale Aggression
andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten
Abwehr pflegerischer oder anderer unterstützender Maßnahmen
Wahnvorstellungen
Ängste
Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslag
Sozial inadäquate Verhaltensweisen
sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen
Der Gutachter (m/w) muss ermitteln, wie häufig eine personelle Unterstützung erforderlich ist :
nie oder sehr selten
selten (ein- bis dreimal innerhalb von zwei Wochen)
häufig (zweimal bis mehrmals wöchentlich aber nicht täglich)
täglich
Im Modul 4 „Selbstversorgung“ finden sich, je nach Ausprägung Anforderungen an die Angehörigen. Der Gutachter (m/w) muss ermitteln, welche Beeinträchtigungen einen Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen notwendig machen. Hierbei ist es unerheblich ob die Beeinträchtigung der Selbstständigkeit aufgrund von Schädigungen somatischer (körperlicher) oder mentaler (geistiger) Funktionen bestehen.
Für folgende Verrichtungen muss der Grad der Selbstständigkeit vom Gutachter (m/w) ermittelt werden :
Waschen des vorderen Oberkörpers
Körperpflege im Bereich des Kopfes
Waschen des Intimbereichs
Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare
An- und Auskleiden des Oberkörpers
An- und Auskleiden des Unterkörpers
Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken
Essen
Trinken
Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls
Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma
Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma
Der Gutachter (m/w) muss den Grad der Selbstständigkeit ermitteln :
selbstständig
überwiegend selbstständig
überwiegend unselbstständig
unselbstständig
Die Art und der Umfang des Hilfebedarfs ist sehr unterschiedlich. Gerade mit der Diagnose Autismus-Spektrum kann es sein, dass das Kind häufig motiviert und angeleitet werden muss, ( Anleitung muss wie Übernahme bewertet werden) um z. B. mit der selbständigen Körperpflege zu beginnen.
Es kann genauso erforderlich sein, über die Motivierung und Anleitungen hinaus Teilübernahmen bis hin zur kompletten Übernahme einer Verrichtung durchzuführen, z. B. bei Verweigerungshaltung des Kindes bei der Selbstversorgung.
Im Modul 5 finden die sogenannten Behandlungspflegen/Therapien/Arztbesuche Berücksichtigung
Medikation
Injektionen
Versorgung intravenöser Zugänge (z. B. Port)
Absaugen und Sauerstoffgabe
Einreibungen oder Kälte- und Wärme-Anwendungen
Messung und Deutung von Körperzuständen
Körpernahe Hilfsmittel
Verbandswechsel und Wundversorgung
Versorgung mit Stoma
regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden
Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung
Zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung
Arztbesuche
Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen (bis zu drei Stunden)
Zeitlich ausgedehnte Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen (länger als drei Stunden)
Einhaltung einer Diät und anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften
Der Gutachter (m/w) muss ermitteln, welche Maßnahme
selbstständig durchgeführt werden kann
entfällt
Hilfe erfordert
Bei der Häufigkeit wird hier unterschieden:
pro Tag
pro Woche
pro Monat
Im Modul 6 ist zu ermitteln, ob die Gestaltung des Alltagslebens und die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte“ einen Hilfebedarf erfordert.
Bereits aus der pflegebegründende Diagnose „Autismus-Spektrum-Störung“ leitet sich ein Hilfebedarf ab.
Folgende Probleme stellen sich in diesem Zusammenhang:
Problemen im sozialen Umgang (z. B. beim Verständnis und Aufbau von Beziehungen)
Auffälligkeiten bei der Kommunikation (sprachliche und nicht-sprachliche Verständigung)
eingeschränkte Interessen mit stereotypen, sich wiederholenden Verhaltensweisen
Folgende Bereiche des Alltagslebens gilt es in Bezug auf den Grad der Selbstständigkeit zu überprüfen:
Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen
Ruhen und Schlafen
Sichbeschäftigen
Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen
Interaktion mit Personen im direkten Kontakt
Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds
Der Gutachter (m/w) hat zu ermitteln, ob das Kind:
selbstständig
überwiegend selbstständig
überwiegend unselbstständig
unselbstständig ist
Nach Ermittlung der Einzelpunkte und dem Umrechnen in gewichtete Punkte ist die Ermittlung des Pflegegrades abgeschlossen.
Pflegegrad 1 ist ab 12,5 gewichteten Punkten anzuerkennen
Pflegegrad 2 von 27 – unter 47,5 gewichteten Punkten
Pflegegrad 3 von 47,5 bis unter 70 gewichteten Punkten
Pflegegrad 4 von 70 bis unter 90 gewichteten Punkten
Pflegegrad 5 ab 90 gewichteten Punkten oder dem Vorliegen einer besonderen Bedarfskonstellation
Voraussetzungen an die Gutachter (m/w) bei Prüfung der Pflegebedürftigkeit bei Kindern:
bei Kindern ist die Prüfung der Pflegebedürftigkeit in der Regel durch besonders geschulte Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes oder andere unabhängige Gutachterinnen und Gutachter mit einer Qualifikation als Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder als Kinderarzt vorzunehmen.
In all der Zeit ist das so gut wie nie vorgekommen. In der Regel kommt jemand vom MD aus dem Befeich Altenpflege.
Das ist leider sehr oft der Grund warum Begutachtungen so schwierig sind.
Fragen Sie den Gutachter (m/w) nach seiner Qualifikation sobald Sie angeschrieben werden. Vielleicht haben Sie Glück.
In der Regel wird vom Gutachter binnen Stunden das Gutachten an die Krankenkasse verschickt.Wie lange es dauert bis diese es dann fertig macht und Sie informiert ist unterschiedlich. Von 1 Woche
bis zu Monaten.
Kommt der Bescheid der Krankenkasse an, muss dieser genau geprüft werden. Leider gibt es oft sehr viele Fehler, falsche oder vergessene Angaben. Das führt dann zu weniger Punkten und das heißt für Sie kein Pflegegrad oder ein geringer Pflegegrad. Wir raten dringend sich dafür Hilfe zu suchen.
Kommt bei der Überprüfung heraus das einiges falsch ist, dann muss ein Widerspruch geschrieben werden.
Der Widerspruch:
Sind Sie mit der Eingruppierung nicht einverstanden oder sind Sie unsicher, ob der festgestellte Pflegegrad dem Bedarf an fremder Hilfe entspricht, lassen Sie das Gutachten des MD oder Medicproof von prüfen.
Die Einschätzung der Selbstständigkeit und der Fähigkeiten und die entsprechende Bewertung unter Bezug auf das neue Begutachtungsassessment (NBA) unterliegt genauen Definitionen.
Wir empfehlen Ihnen eine pflegefachliche Einschätzung und Bewertung schon vor einer Antragstellung einzuholen, sich zu besprechen und gegebenenfalls gemeinsam den Antrag, die Begutachtung zu machen. Es erspart Ihnen viel Arbeit. Wenn erst mal der Start gelaufen ist, der Gutachter dadurch einen falschen Eindruck hat, wird es umso schwerer das wieder zu ändern.
Ein Widerspruch lohnt sich, bei mehr als der Hälfte der Widersprüche wird abgeholfen.
Selbstbestimmt Autistisch 2019 e.V.
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